Wort zur Woche
von Dr. Elisabeth Hackstein
„Was du nicht willst, das man dir tut ...“
Wenn wir in unserem Kloster in Heiligengrabe respektvoll und solidarisch zusammen leben wollen, benötigen wir Regeln, die für alle gelten. Das gilt auch für unsere Kirchengemeinde und das Leben in der Familie. Zank und Streit, Mangel an Respekt und Intoleranz vergiften eine Gemeinschaft. Das gilt besonders für das Zusammenleben von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen. Da braucht es einen Grundkonsens über Werte und Normen, die unabhängig von unterschiedlichen Nationalitäten und Religionen gelten.
Solche Regeln kennt die Menschheit. Die bekannteste ist die „Goldene Regel“: „Was Du nicht willst, das man Dir tut, das füg’ auch keinem andern zu.“ Die Regel begegnet uns in unterschiedlichen Weltreligionen. Im Judentum lehrte Rabbi Hillel schon vor 1900 Jahren: „Tue nicht anderen, was du nicht willst, das sie dir tun.“ Auch der Islam kennt die Goldene Regel: „Keiner ist ein wahrer Gläubiger, der nicht für seine Mitmenschen das will, was er auch für sich möchte.“ Mit Blick auf den Blutigen Freitag“ vor einer Woche können wir Terroristen und Attentätern entgegen halten: Ein wahrhaft gläubiger Mensch kann mit seinem Glauben weder Terror und Bombenattentate vereinbaren noch den Verkauf von Frauen als Sklavinnen, wie es unter anderem die Terrororganisation „Islamistischer Staat“ tut.
Auch ein brutaler Terroranschlag wie in Tunesien, bei dem 39 Urlauber starben und viele verletzt wurden, hat nichts mit dem Islam als Religion zu tun. Das zeigt besonders der Anschlag der Terrororganisation Islamischer Staat auf eine Moschee in Kuwait, bei dem sich ein Selbstmordattentäter während des traditionellen Freitagsgebets in die Luft gesprengt hat, 27 Menschen mit in den Tod gerissen und 227 verletzt hat. Terror ist Mord und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland bezeichnete den Terror als „Verrat am Glauben“.
Handelt an eurem Nächsten, wie auch ihr behandelt werden wollt. Das sagt uns Christen auch Jesus. „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. Richtet nicht, so werdet ihr nicht gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt. Vergebt, so wird euch vergeben. Denn mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird man euch wieder messen.“
„Richtet nicht … .“ Über den anderen richten, das tun auch wir schnell und unbarmherzig. Da suchen Flüchtlinge aus Krisen- und Kriegsgebieten bei uns Schutz und wir verdammen sie als Wirtschaftsflüchtlinge, die nur von unseren Sozialsystemen profitieren wollen. Und doch wissen wir, dass sie dieselben Wünsche und Hoffnungen für ihr Leben hegen wie wir für das unsrige, in Frieden zu leben und für die Kinder Sicherheit, genug zu essen und eine gute Schule.
„Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“ Da hält uns Jesus vor, wie oft wir in unserem Leben auf Vergebung angewiesen sind und wie oft wir Gottes Barmherzigkeit erfahren. Wenn wir uns von der Barmherzigkeit und Liebe Gottes beschenkt und getragen wissen, dann werden wir in unserem persönlichen Leben der Goldenen Regel folgen, weil es keinen besseren Dank an Gott gibt, als dass wir die Liebe und Barmherzigkeit, die wir selbst erfahren, ausstreuen und weiterschenken. Und wenn wir uns klar machen, wie oft wir selbst auf Vergebung angewiesen sind, dann wird auch unser Urteil über unsere Mitmenschen menschlicher werden.
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