Wort zur Woche
von Pfarrer Norbert Merten
Der Storch unter dem Himmel weiß seine Zeit
Seit über sieben Jahre lebe ich gemeinsam mit meiner Frau im schönen Storchendorf Rühstädt. Die Störche besuchen unser Dorf jedes Jahr und bleiben gut 4 Monate. Sie nehmen eine weite Reise auf sich, aus dem fernen Afrika zu uns in die Prignitz. Durch unsere Beobachtungen konnten wir schon viel über Störche dazulernen. Und wir entdecken, wie sich dadurch für uns auch Dinge erschließen, die wichtig sind für das Zusammenleben von uns Menschen.
Vielleicht können wir ja auch sie an diesem Samstag, den 25.07.2015 ab 11.00 Uhr in unserem Storchendorf Rühstädt begrüßen zum diesjährigen Storchenfest. Viel Interessantes kann man erfahren und erleben von den Störchen – und dadurch auch über unser Leben. In der Kirche gibt es dazu um 16.30 Uhr ein Konzert. Es geht ums Leben. Dazu laden ein der Männergesangsverein Amicitia aus Bad Wilsnack und der Bläserchor Rühstädt-Wilsnack.
„Der Storch unter dem Himmel weiß seine Zeit.“ – So spricht es der Prophet Jeremia aus (Jeremia 8,7). Ja, die Störche wissen ganz genau, wann sie sich auf den Weg machen müssen. Dabei nutzen sie die warmen Aufwinde, um mit ihren großen breiten Flügeln möglichst lange und weit segeln zu können. Die Männchen kommen bei uns zuerst an. Das Nest wird bereitet und dann rufen (=klappern) sie ihre Partnerin heran. Sie wissen genau, wie viel Zeit sie nun weiter brauchen. Für die Brutdauer müssen sie ca. 30 Tage einrechnen. Die Nestlingszeit der Jungstörche beträgt dann auch noch einmal ca. 60 Tage. Findet ein Storchenpaar zu spät zusammen, fangen sie nicht mehr an zu brüten. Auch wenn sich die Situation so verändert, dass die Altstörche einschätzen, die Jungen können nicht mehr aufgezogen werden, dann werden die Konsequenzen gezogen…
Ich denke daran, wie viel Strapazen die Störche auf sich nehmen – die lange Reise, die Gefahren auf der Strecke. Doch, sie haben das Ziel vor Augen: unsere Prignitz. Hier wollen sie Kinder bekommen.
Dagegen ist es für viele Menschen nicht so attraktiv, in der Prignitz zu leben und mit einem Partner gemeinsam Kinder aufzuziehen. Bei uns modernen Menschen sind zumeist ganz andere Maßstäbe entscheidend: Wichtiger als Partnerschaft und Kinder sind zumeist die eigene Karriere; das möglichst sorgenfreie Leben; die eigene Selbstverwirklichung. Und für einige ist es dann, wenn sie an Partnerschaft und eigene Kinder denken, im wahrsten Sinne des Wortes zu spät. – Außerdem müssen Partnerschaft und Kinderkriegen nach den eigenen Wunschvorstellungen laufen. Doch, unser Leben ist kein Wunschkonzert. Und wir müssen auch damit leben: Enttäuschungen und Verletzungen; zerbrochene Partnerschaften; hin- und her gerissene Kinder… Wer daraus jedoch die Schlussfolgerung zieht: Ich bleibe lieber allein, dann geht es besser! – der wird merken, dass das Alleinsein auch seine Probleme mit sich bringt. Eigentlich möchte uns das Leben ja zeigen, wie schön es ist, nicht alleine sein zu müssen; jemanden an der Seite zu haben in guten und schweren Zeiten; zum Lachen und zum Weinen…
Interessant, was Gott in seinem Wort dazu sagt, unmittelbar nach dem oben zitierten Satz beim Propheten Jeremia: „…aber mein Volk will das Recht des Herrn nicht wissen.“
Gott spricht hier zunächst die Menschen an, die im Glauben versuchen zu leben. Aber auch alle anderen sind in gleicher Weise gemeint. Wir alle wollen immer wieder nichts davon wissen, was der Herr in seiner Weisheit uns zum Leben gegeben hat. Oft denken wir, wir müssten alles alleine machen; uns durchkämpfen; für unser Recht sorgen… Dabei ist es doch bei nüchterner Betrachtung ganz anders: Uns ist alles Wesentliche anvertraut, geschenkt – unser Lebensraum, die Liebe, unsere Gaben, Fähigkeiten und Möglichkeiten; aber auch unsere Grenzen, die Schwierigkeiten, die Fehler... Und deshalb sind wir ja auch nicht alleine auf der Welt, sondern dürfen entdecken, wie bereichernd, wertvoll und schön es ist, mit anderen gemeinsam das Leben zu gestalten. Wir können einander ergänzen, einander helfen. Hinter dem allen steht Gott. Unser Leben wird nur gelingen, wenn wir es lernen, mit ihm und unseren Mitmenschen gemeinsam das Leben zu gestalten. Der Storch weiß seine Zeit. Beachten wir unsere Zeit? Wir sind nicht umsonst zu dieser Zeit an dem Ort, wo wir uns einbringen können und sollen, so dass Leben gefördert wird. Dazu segne uns Gott! Es grüßt herzlich Ihr Pfarrer aus Rühstädt, N.Merten.
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