Moment mal
von Superintendent Hans-Georg Furian
Bereitet dem Herren den Weg
"Bereitet dem Herren den Weg", so lautet das Bibelwort für die dritte Woche im Advent. Es zeigt, wie fremd vielen Menschen der Grund dafür ist, warum wir alle Advent und Weihnachten feiern dürfen. In der Fremdheit liegt aber auch die Chance des Unverbrauchten. Das Fremde bleibt in einem Abstand zu mir. Ganz kann ich es nie verstehen.
"Bereitet dem Herren den Weg". Wir bereiten uns ja in der Adventszeit auf viel vor, darauf kaum. Dass uns der Bruder des Menschen nahe kommt, dass Gott nicht oben blieb, sondern nach unten und zu uns kam, das ist die Botschaft. Sie ist vielen fremd. Am Unverständlichen verliert man rasch das Interesse. Dabei ist es doch dies, was in uns das Staunen auslöst. Vom Staunen, so meinten die antiken Philosophen, nehme das Denken seinen Anfang. Und wir Christen fügen hinzu: auch der Glaube hat ein Standbein in unserem Staunen.
Ist mit dieser vergessenen Fähigkeit auch der Unterschied zwischen dem, was ein Rätsel ist und dem, was ein Geheimnis ist verschwunden? Es sind ja nicht nur zwei unterschiedliche Worte. Vielmehr gibt uns die Sprache einen Wink: sie macht hörbar, was sich nicht sehen lässt und doch da ist. Dieser Fähigkeit der Sprache vertrauen wir uns an. So lassen wir uns von ihr in den Unterschied zwischen Rätsel und Geheimnis einweisen. Ein Rätsel gilt es zu lösen, über ein Geheimnis staunt man. Wem die Welt und sein eigenes Leben ein Rätsel ist, der hat das Staunen verlernt; selbst das Fremde wir solange gewendet, bis man es sich einverleibt hat, es zum Eigenen wurde. In der so verkürzten Welt schwindet, was unser Leben reich macht: das Überflüssige, das wir brauchen ohne es verbrauchen zu können oder das mehr als Notwendige.
Ich denke, wir haben alle Lebensabschnitte, wenigstens Stunden, in denen wir in dieser verkürzen Welt zu Hause sind. In der lässt es sich zunächst gut leben, denn es gibt keine Überraschungen. Alles ist klar, und was es nicht ist, lässt sich klären. Alles lässt sich umwandeln in Lohn, weil es Leistung war. Es gibt nichts, was nicht machbar wäre.
Aber schon diese kurze Beschreibung zeigt: hier möchte niemand lange bleiben, denn er ist allein. Das Wesentliche, das es nur gibt, wenn man nicht allein ist, nämlich das Gespräch, findet in dieser Welt nicht statt. Nur die verkürzte Form, das Selbstgespräch, mag da zu Hause sein. Das wirkliche Gespräch aber hat immer einen offenen Ausgang. Darum gibt es auch Menschen, die es scheuen. Im Gespräch gebe mich ein Stück weit in die Hand des Anderen. Das Gespräch lebt vom Vertrauen, und ist eine vertrauensbildende Maßnahme. Und so ist das Gespräch Teil jener unverkürzten und vollständigen Welt in der wir uns freuen dürfen und über Geheimnisse staunen können. In dieser Welt gibt es auch Feste und die Vorbereitungszeit auf sie. Hier hat auch Advent seinen Ort. Recht und unverkürzt nimmt man diese Zeit wahr, wenn man sie nicht auf das verringert, was wir Menschen können, sondern damit rechnet, dass sich der Bruder des Menschen zu uns aufmacht: Jesus Christus.
Sind wir offen für ihn? Oder ist uns alles nur ein Rätsel? Die Adventszeit dient der Klärung dieser Frage. Sie möchte Mut zum Geheimnis machen und dazu, in einer Welt leben zu wollen, in der das Leben einen offenen Ausgang hat.
"Bereitet dem Herren den Weg".
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