Moment Mal
von Pfr. i.R. Stephan Flade
… und deinen Nächsten wie dich selbst
Jeden Sonnabend habe ich das gleiche Mißvergnügen. Frohgemut gehe ich zu meinem Briefkasten, zu „Prignitzer“ und „MAZ“. Da quillt es mir entgegen. Die Unmenge an Werbung überregionaler Discounter, 15 Exemplare. Mein Wunsch: „Bitte keine Reklame einwerfen“ verhallt ungehört. Ich werde von papierner Überfülle erschlagen.
Sie wundern vielleicht sich über meine Erregung. Für Sie ist es vielleicht normal geworden, das Überfällige ungelesen sofort im Papierkontainer zu entsorgen, die Zeitung zu „entkernen“. Ich habe dabei elementare Sorgen.
Lange habe ich auf Sumatra gelebt, direkt unter den Menschen im wunderbaren Bukit Barisan – eines hunderte Kilometer langen Gebirges. Üppiger Urwald, aktive Vulkane, unzählige Pflanzen, Urwaldriesen, seltene Tiere. Orang Utans und Orchideen gehörten zum Leben. Dazu die pralle Regenzeit, klare Wasserquellen, kräftige Sonnenglut. Heute bedrohen Vulkanausbrüche des Sibayak die Region, tektonische Plattenverschiebungen bringen auch Gefahr. Das ist die (noch) intakte Schöpfung Gottes. Fruchtbare paradiesische Verhältnisse.
Jahrzehntelang wurden die Urwälder brachial ungesetzlich für weltweite Großkonzerne gerodet. Bauholz für China, Gartenmöbel für Europa, Zellulose für Zeitungen und Verpackungsmittel ruinierten den Urwald und das Wasser. Unser überbordender Verbrauch ist dort eine brutale Vernichtung. Keine „Nachhaltigkeit“ und Bewahrung der Schöpfung gilt, sondern abgeholzter Regenwald bringt endlose trostlose Versteppung. Klimawandel. Zeitenwende.
Trauer und Ärger überfällt mich, weil ich (bedenkenlos) Papier- und Verpackungsmittel verbrauchen (muss). Werbebroschuren fliegen umher. Papiermüll. Bei uns zu Hause in den 1950er Jahren wurden die Zeitungen zu Einkaufstüten und Toilettenpapier „verarbeitet“. Es gab ja nichts. Heute lacht mich jede/r aus. Kein/e Jüngerer versteht das noch. Die Älteren haben die Nachkriegs-zeit aus dem Gedächtnis verdrängt.
Als „erzwungene Konsumenten“ verbrauchen wir (gedankenlos) die Güter der Erde, maß– und bedenkenlos. Gleichzeitig sind in Indonesien, wo wir lebten, die Menschen von den intakten Wäldern und Flüssen direkt abhängig. Abgeholzte Bäume, das ist nicht nur fehlender Wald, sondern das ist Bodenerosion. Weggeschwemmte Muttererde. Mutter Erde ohne Halt. Heimatzerstörung. Verlust und Flucht in die Großstädte, ja in andere Erdteile. Auch zu uns. Versiegende Wasser-quellen sind im Ergebnis vertrocknete Reisfelder und Hunger am Grundnahrungsmittel Reis.
Christliche Botschaft sieht den Menschen gleichwertig wie den Mitmenschen, den Nachbarn, den Nächsten, auch in den anderen Kontinenten. Sie will Lebenshoffnung statt Leid und Perspektiv-losigkeit. Mich schmerzt mein/unser überbordender Papier-Verbrauch.
„Liebe Gott und deinen Nächsten wie dich selbst“(Luk. 10, 27). Das ist das Doppelgebots der Liebe aus unserer Bibel. Für mich wurde es an vergangenen Sonnabend wieder brennend aktuell. Ich möchte nicht als willenloser „Konsument“ angesprochen werden, sondern als verantwortlicher Mensch, der sich maßvoll das Nötige besorgt. Einschränkung, Reparatur und Sparsamkeit gehören dazu. Wir haben – gemessen an Erfahrungen in unserer Auslandszeit – unglaublich viel mehr als sich Menschen dort je leisten können.
Gern verzichte ich auf bunte Werbungsblätter, damit dort lebendige Blätter lebensfroh rauschen.
Eine schöne Sommerzeit wünscht Ihnen Ihr Stephan Flade
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