Moment mal
von Pfarrerin i.R. Marie-Luise Klehmet
Für das Leben lernen wir
„Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir.“
So lautet ein altes Sprichwort.
In Boberow findet alljährlich eine Veranstaltung statt, die sich besonders dem Lernen, der Schule, der Bildung überhaupt verschrieben hat: der Gedkie-Gedenktag, von Annemarie und Erwin Franke mit viel Engagement ins Leben gerufen.
In diesem Jahr war wiederum Prof.Andreas Fritsch, Berlin, zu Gast, der in einem kleinen Vortrag Gedikes Hinweise zur Kindererziehung zu Gehör brachte.
Annemarie Franke und Irene Fritsch trugen aus den Liebesbriefen Friedrich Gedikes an seine Frau Wilhelmine Thym vor.
Und auch die Schüler der Gedike- Oberschule Perleberg waren wiederum mit einem Programm vertreten.
Friedrich Gedike, der große preußische Schulreformer, dem wir z.B. die Einführung des Abiturs verdanken, wurde 1754 im Pfarrhaus zu Boberow geboren.
Er starb 1803 in Berlin.
Seit einigen Jahren gedenkt Boberow mit einer besonderen Veranstaltung seines berühmten Sohnes, der sich selbst in seiner Kindheit mit der Schule sehr schwer tat.
Der Vater starb früh. Friedrich musste bereits mit 8 Jahren sein Elternhaus in Boberow verlassen und kam auf fremde Schulen. Er war ein verschlossenes Kind und öffnete sich dem Lernen zunächst nicht.
Und trotzdem wurde er später einer der bekanntesten Pädagogen seiner Zeit und verkehrte mit vielen berühmten Geistern.
Friedrich Gedike vergaß seine schwierigen Anfangsjahre nicht, trat er doch später immer dafür ein, nicht zu früh und zu ungeduldig mit dem Unterricht zu beginnen.
Heutzutage wird oft beklagt, dass der Schulunterricht von Anfang an so „vernutzt“ ist. Alles steht unter dem Aspekt, die Kinder fit zu machen für die späteren beruflichen Anforderungen.
Ein voll gepackter Stundenplan, viele zusätzliche Termine, Nachhilfeunterricht- all das setzt Kinder heutzutage unter enormen Druck und führt schon bei Schülern zum Burn-out- Syndrom.
Aber Kinder müssen Kinder sein, sie müssen auch Langeweile haben dürfen.
„Wenn ich an meine Kinderjahre denke, dann denke ich an helle Nachmittage. Ich habe immer Zeit. Und es ist immer Sommer. Ein größeres Kompliment kann die Erinnerung der Kindheit nicht machen“, so schrieb jemand neulich in einer großen Wochenzeitschrift.
Bildung ist mehr als Aneignung von Wissen. Zur Bildung gehört die Ausbildung der ganzen Persönlichkeit eines Menschen, auch das, was man früher Herzensbildung nannte.
In der Schöpfungsgeschichte der Bibel heißt es:“ Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.“
D.h.Bildung im biblischen Sinne meint die Aus - bildung des Menschen zum Ebenbild Gottes, wie es uns Christen in Christus vor Augen steht. Die Nächstenliebe, die Barmherzigkeit, die Hinwendung zu den Menschen, die Christus gelebt hat, sie sollen uns in unserem Menschsein bilden.
Ja, Bildung ist mehr als das Aneignen von Wissen.
Und deshalb sind in der Schule auch die Fächer wichtig, deren wirtschaftliche Verwertbarkeit nicht sofort einsichtig ist:
Fächer wie Religion und Ethik, wie Geschichte, Kunst, Literatur, Musik.
Und nicht nur in der Schule, sondern auch im Ansehen der Gesellschaft, die heutzutage gern alles der Wirtschaft(lichkeit) unterordnet.
Ich denke, es ist wichtig, sich wieder neu auf die Bildung zu besinnen- in der Schule, in den Elternhäusern und auch in der Kirche.
Auf die Bildung in dem umfassenden, weiten Verständnis der Aus-bildung der Persönlichkeit eines Menschen- im biblischen Sinne der Gottesebenbildlichkeit des Menschen.
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