Moment Mal
von Pfrn. Verena Mittermaier
Gemeinsam Meer (mehr) sehen
In den Herbstferien veranstaltete unsere Kirchengemeinde eine Jugendfahrt. Fünf Tage machten wir – 19 Jugendliche und vier Begleitpersonen – die Insel Sylt unsicher. Im Freizeitheim „Haus Leuchtfeuer“ versorgten wir uns selbst und gestalteten unser Programm. Das schöne Herbstwetter erlaubte es uns, jeden Tag auch Zeit im Freien zu verbringen.
Dabei ereignete sich eine Situation, die mir hängen geblieben ist. Es war während der Wattwanderung, geführt von einer jungen Frau, die zurzeit ein Freiwilliges Ökologisches Jahr in der Schutzstation Wattenmeer absolviert. Obwohl erst seit Kurzem vor Ort, wusste sie verblüffend gut Bescheid über die Tier- und Pflanzenwelt im Watt. Nach einer Einführung stellte sie uns die Aufgabe, in Grüppchen ein Stück durchs Watt zu gehen und vorsichtig aufzuheben, was wir Bemerkenswertes am Boden entdeckten. Eine Aufgabe, die den Blick für die Besonderheit dieses Lebensraumes schärfte. Am nächsten Treffpunkt angelangt, zeichnete unsere Führerin einen Kreis in den Sand, unseren Fund-Kreis. Alle Fundstücke wurden hineingelegt, eine beachtliche Sammlung. Und dann ging es los mit dem Bestimmen und Erläutern. Von Mini-Strandkrabben bis zu großen pazifischen Austern, diversen Algen und leeren Krebspanzern war alles dabei. Ein Wattwurm konnte vor Ort ausgegraben und bestaunt werden, um dann wie alle lebenden Fundstücke behutsam wieder in die Freiheit entlassen zu werden.
Toll, dieser Fund-Kreis im Sand! Niemals hätte eine Person allein so viel entdecken können. Dass wir mit 23 Personen die Fundstücke zusammentrugen, machte den Reichtum des Wattenmeers erst sichtbar, dieses einzigartigen Weltnaturerbes, in das jährlich 12 Millionen Vögel kommen.
Vom „Herdenwissen“ sprach eine Bekannte neulich. „Kollektive Weisheit“ sagen wir auch. Wie wunderbar, dass wir einander ergänzen können – bei unseren „Fund-Stücken“ des Lebens, in unseren Fragen, mit unseren Erkenntnissen und Lernschritten. Gemeinsam sehen wir mehr, gemeinsam kommen wir weiter. Gemeinsam lassen sich besser Antworten auf verzwickte Probleme finden.
Ja, es hat etwas, Teil einer Herde zu sein. Der Fund-Kreis im Sand jedenfalls bleibt eine starke Erinnerung.
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