Moment mal
von Superintendent i.R. Peter Heß
Verräterisch – befreiend!
Zeichensprache, auch Körpersprache redet ausdrucksstark. Bekannte volkstümliche Sätze haben solche aufgenommen.
...auf die eigene Schulter klopfen…..mit dem Finger auf andere zeigen…..an die eigene Brust schlagen.
Diese drei ausdruckstarken Zeichenhandlungen sprechen Bände. Da ist mir etwas gut gelungen, vielleicht gar zum wiederholten Mal. Da kann man sich schon mal selbst auf die Schulter klopfen. Gelungenes darf mich doch stolz machen…..!
Da beobachte ich das unmögliche Verhalten eines Anderen. Mein Finger zeigt auf Ihn….: Wie kann man nur …! Wie viel mehr, wenn es wieder mal typisch ist, also der böse Wiederholungstäter!
Seltener, viel seltener schlage ich mir an die eigene Brust und erkenne erschrocken mein Scheitern. Ich bin schuldig geworden, geblieben…!
Wie menschlich doch das eine wie das Andere ist. Ich hänge dem noch ein wenig nach:
Sicher der Erfolg, das Gelungene darf mich froh machen. Es ist ja auch Mühe, die sich dahinter verbirgt, die niemand sonst sieht.
Aber ich merke da fehlt etwas Wesentliches. Andere könnten sich mühen genau wie ich und doch würde es nicht so gelingen. Da ist also etwas, was ich mir nicht selbst erarbeiten kann. Ich kann es mir auch nicht nehmen. Bin ich da nicht beschenkt?!
Ist mir da etwas zugefallen? So verdanke ich mich also und das nicht nur an dieser Stelle. Ich verdanke mich eigentlich mit Allem. Gar nicht schlecht die Spur zum Geber zu suchen. Ja, da ist mir etwas in die Wiege gelegt. Da haben sich auch andere, vielleicht meine Eltern investiert. Ich bin, ich wurde beschenkt, einfach so. Und wenn ich der Spur noch weiter folge, entdecke ich die Quelle, die außerhalb meiner und unser aller Verfügbarkeit liegt. Mein Schöpfer, der ewige Gott hat mein Leben so reich gemacht.
Also bleibt eine bisher vergessene Zeichenhandlung: Die gefalteten oder erhobenen Hände, weil ich dem Geber aller Gaben danke, der mein Leben so reich und froh macht. Dankbarkeit Gott und Menschen gegenüber verdoppelt die Freude. Stolz sucht nach immer neuer Selbstbestätigung, weil er verdient und bewiesen werden will – mir und den anderen.
Wie kann man nur. Ja, der wache Blick für gut und böse, für Recht und Unrecht ist durchaus berechtigt und wichtig. Auch der gegenseitige Blick, wenn er nicht kontrollierend, sondern aufmerksam und wohlwollend ist, wird uns gar in der Bibel angeraten. Der ausgestreckte Finger hat aber eine anklagende, vorwurfsvolle und festlegende Qualität. Unbemerkt gefällt es mir, weil ich mich nun absetzen kann. Verborgen klingt in mir: Das könnte mir nicht passieren.
Mit der Selbstwahrnehmung was Gaben und Grenzen, Stärken und Schwächen betrifft, ist es allermeist nicht weit her.
Da bin ich „Gott sei Dank“ bewahrt geblieben, und nicht in eine Situation gekommen. Sonst wäre vielleicht auch ich…..?!
Die Spurensuche zurück, dahinter und tiefer bringt mich auch hier zu besserer Wahrnehmung. Ich entdecke Zusammenhänge, Hintergründe in meinem Leben und bei anderen, die mich verstehen lassen. Nein, nicht bagatellisieren ist der Weg. Schuld ist Schuld,– verstehende Barmherzigkeit aber bewahrt uns vor der Ausweglosigkeit.
Mit dem Schlag an die eigene Brust stelle ich mich zu mir, zu meinem Versagen, Ich flüchte nicht in die Verharmlosung oder in die Selbstrechtfertigung die am Ende den anderen daran schuld sein lässt, dass ich schuldig wurde.
Aber kein selbstzerstörerisches Erschrecken meine ich. Selbstüberschätzung und Selbstzerstörung wohnen Tür an Tür. Dankbarkeit und Achtsamkeit dürfen mit der Barmherzigkeit benachbart sein.
Alles Erbarmen darf seine Quelle in Gottes Erbarmen haben. Sein Ziel ist Entlastung, Freispruch von der Anklage.
Das Kreuz hält es uns wach. Da hat einer für alle die Konsequenz aller Schuld auf sich genommen.
Seitdem darf ich mich auch zu meiner Schuld stellen. Weil Entlastung und Vergebung Gottes Antwort für jeden ist, darf ich Vergebung erbitten und empfangen. Vergib uns unseres Schuld….die Bitte im „Vater unser“ zeigt uns die Tür. Wer Entlastung empfängt kann sie auch gewähren und weitergeben.
So finden wir den Weg zu einem barmherzigen Leben mit einander.
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