Moment mal
von Pfarrerin i.R. Marie-Luise Klehmet
„Und find`noch alle Tage etwas Neues drinnen“
Am 31.Oktober begehen wir wieder den Gedenktag der Reformation. Das Reformationsfest ist ein kirchlicher Feiertag in unserem protestantisch geprägten Brandenburg. Aber viele wissen mit diesem Datum heute nur noch wenig anzufangen. Halloween scheint alles zu überlagern, dieses aus den USA kommende Fest mit seinen beleuchteten Kürbisfratzen und Spukgestalten.
Dabei ist der Reformationstag eigentlich einer unserer wichtigsten Feiertage. Viele unserer Kirchen sind im Zuge der Reformation entstanden, ebenso unsere Kirchenbücher und das evangelische Pfarrhaus gehen darauf zurück. Ferner das Volksschulwesen, das aus dieser Bewegung entstand und auch unsere hochdeutsche Sprache, die Luther mit seiner Bibelübersetzung begründete.
Es gibt wohl wenige Ereignisse, die nicht nur unseren Glauben, sondern auch unsere Kultur, ja, das christliche Abendland so verändert haben wie diese Bewegung, die mit dem Thesenanschlag Luthers am 31.Oktober 1517 seinen Ausgang nahm. Aber das Bewusstsein davon wird immer geringer; religiöse Unkenntnis ist allenthalben weit verbreitet.
Dabei sind in der Bibel die elementaren Bezüge unseres Menschseins aufbewahrt- die Frage nach dem Sinn unseres Lebens, nach dem Sinn von Leiden und Sterben, die Frage nach Gut und Böse und nach Gott.
Die Bibel ist immer noch das meistverkaufte Buch- doch wer liest sie?
Unsere Literatur, Malerei, Architektur und Musik sind aber ohne Kenntnis der Bibel kaum zu verstehen. Und auch unsere Sprache.
Wenn wir z.B. einen Menschen wegen seines Handelns einen barmherzigen Samariter nennen, dann geht das zurück auf ein Gleichnis im Neuen Testament. Ebenso ist es mit dem Wort vom „Tanz um das Goldene Kalb“, das auf eine Geschichte des Alten Testaments zurückgeht. Wir gebrauchen es als Bild für eine Gesellschaft, die immer mehr dem Materiellen verfällt. Und auch die Menschenrechtskonventionen gründen auf biblischen Texten. Viele weitere Beispiele wären da anzuführen, die alle ihren Ursprung in biblischen Geschichten haben. Deshalb wird heute schon gefordert, Bibelkurse an Universitäten anzubieten, besonders für Geisteswissenschaftler, um dem Mangel an Bibelkenntnis zu begegnen.
Ja, wir sollten sie kennen, diese Geschichten, nicht nur wegen des Glaubens, sondern auch wegen unserer Kultur. Und bedenken: Luther hat mit seiner Übersetzung damals die Bibel zum Lesebuch des Volkes gemacht und gesagt: „Ich habe…stetig in der Bibel gelesen…und find` noch alle Tage etwas Neues drinnen.“
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