Moment mal
von Pfarrer Sacha Sommershof
Worte, die tragen
Am Freitag wird der Tag der deutschen Einheit gefeiert. Das wichtigere Datum ist eigentlich dies, dass vor 25 Jahren die friedliche Revolution stattfand, die Menschen zusammenführte, um sich für Freiheit einzusetzen. Es gab kein Blutvergießen, aber manches Wortgefecht. An welche Worte erinnern Sie sich noch, die damals gesprochen oder auch gedruckt wurden? Mancher wird sich vielleicht gar nicht mehr erinnern können oder wollen, andere holen aus ihrem tiefen Inneren wieder das Glücksgefühl heraus, das sie hatten, als Sie in den Kirchen das laut sagten, was ihnen auf dem Herzen lag. Die Bedeutung von Worten konnte man vor 25 Jahren gar nicht hoch genug schätzen, auch und vor allem die, die zur Besonnenheit aufriefen. Vielleicht war auch manch biblisches Wort dabei, das die Stimmung der Menschen traf, das ihnen Zuversicht und Mut gab, den Weg in eine andere Zeit weiterzugehen. „Zur Freiheit hat uns Christus befreit“ oder „Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, Herr, nicht schon wüßtest“, mögen solche biblischen Worte gewesen sein.
In Hannover, wo in diesem Jahr der Festakt zum 3. Oktober begangen wird, haben die Kirchen initiiert, 1.000 Verse der Bibel handschriftlich abzuschreiben. Seit einer Woche wird diese „Niedersachsen-Bibel“ nun geschrieben und soll am Ende des Tages dem Ministerpräsidenten übergeben werden. „Weil Worte uns auch in schwierigen Situationen des Lebens tragen“, so haben die Initiatoren in Anlehnung an die Bibellesungen während der Friedensgebete 1989 diese Aktion erklärt. In den vergangenen 25 Jahren ist die Welt, ist das Leben im Allgemeinen und im Besonderen nicht einfacher geworden. Welche Worte tragen heute, in Zeiten der Redeüberflutung und einer geringen Halbwertszeit des Gesprochenen? Welchen Worten kann man noch trauen und muss nicht die Berechnung abwägen, die in ihnen mitschwingt?
Im Johannesevangelium heißt es zu Beginn: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort“. Menschen haben darauf vertraut, haben darin Trost gefunden, dass in den biblischen Worten die Liebe und die Verlässlichkeit Gottes zum Ausdruck kommt, die aller menschlichen Angst und Sorge etwas entgegensetzt.
Es lohnt, sich immer mal wieder die Muße zu gönnen, einen Vers aus der Bibel zu lesen und über ihn nachzudenken. Das mag aus dem eigenen Glauben heraus geschehen, vielleicht aber einfach auch aus dem Empfinden heraus, das diese Worte der Bibel Sinn machen und geben, dass sie trösten, beleben oder auch die eigene Sicht auf das Leben ändert.
Vielleicht nutzen Sie gleich den Feiertag am Freitag und machen es den niedersächsischen Kirchen nach. Es müssen ja keine 1.000 Verse sein, beginnen Sie einfach mit einem. Unter www.losungen.de finden Sie jeden Tag einen neuen Vers aus der Bibel.
Ich wünschen Ihnen einen gesegneten und nachdenklichen Tag der Deutschen Einheit.
Kommentare
Einen Kommentar schreiben