Wort zur Woche
von Superintendentin Eva-Maria Menard
Bei Trost sein
„Sind Sie eigentlich noch bei Trost?“ Der Autofahrer lehnt sich aus dem Fenster und schaut böse. Er hat sich erschreckt und ich mich auf meinem Fahrrad auch. Fast hätte er mich gerammt, dabei wollte ich doch nur schnell …
„Sind Sie eigentlich noch bei Trost?“ Was für eine Frage denke ich beim Weiterradeln. Ja, wann war ich das letzte Mal bei Trost? Wo wohnt dieser Trost und wie sieht Trost aus?
Die Tür steht offen. Drinnen ist es still, ein kühles Halbdunkel weht mich an. Ich nehme allen Mut zusammen und klopfe, um mich bemerkbar zu machen. Ich höre Schritte, dann sehe ich in ein offenes Gesicht, klare Augen. Eine einladende Geste hilft mir über die Schwelle, die niedriger ist, als sie von Weitem aussah. Ich atme durch, ich bin da. Ich bin bei - Trost.
Ich habe immer diese Tür gesehen. Auf meinen genau getakteten Wegen zwischen Wohnung, Arbeit und Netto laufe ich fast täglich an dieser offenen Tür vorbei. Aber nie habe ich inne gehalten, nie gewagt zu klopfen oder gar einzutreten.
Ja, ich war schon lange nicht mehr bei Trost gewesen. Kann mich kaum erinnern. Als ich klein war, da wurde mein Knie gepustet, wenn ich gestürzt war, meine Mutter nahm mich in den Arm und sang „Heile, heile Segen“. Das tat gut - hat mich getröstet, die Schmerzen waren wie weggeblasen. Aber das ist natürlich Kinderkram. Stimmt doch - oder wann waren Sie das letzte Mal bei Trost?
Bei den Schrammen, die ich mir heute hole, die Wunden, die mir geschlagen werden, im Trübsinn, der mich überfallt und in all der Ratlosigkeit, wie es weitergehen soll - da hilft kein Pusten und kein Trostpflaster. Da hilft nur durchhalten, Gesicht wahren, weitermachen und hoffen, dass der Schmerz irgendwann nachlässt.
Aber jetzt bin ich bei Trost. Trost sieht mich an, hört mir zu, runzelt nicht die Stirn, verdreht nicht die Augen, schaut nicht verstohlen auf die Uhr. Trost schenkt mir Nähe, ohne mir zu nah zu kommen. Trost wertet nicht, er schätzt mich wert. Trost macht mich nicht klein, sondern stellt meine Füße auf weiten Raum. In diesem weiten Raum, der mich umfängt und birgt, wie früher meine Mutter. Ich bin bei Trost - vielleicht wird alles gut.
Apostel Paulus aus der Bibel sagt es so: Gelobt sei Gott, bei dem wir Ermutigung finden. Er tröstet uns in all unserer Not. Und so können auch wir anderen Menschen in ihrer Not Mut machen.
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