Wort zur Woche
von Pfr.i.R. Johannes Kölbel
Ausländer bin ich - fast überall
Reisen bildet. Reisen bringt mir einen Abstand vom Alltag. Fremde Länder heißt: fremde Sitten und Gebräuche. Die will ich kennenlernen und die will ich akzeptieren. Ich erlebe, daß ich mit meinem Deutsch nicht weit komme. Schön ist es, wenn man mir mit Deutsch entgegenkommt. Verlangen kann ich es nicht. Ich muss als Fremder sehr genau beobachten, wie die Anderen sich verhalten. Wenn mir die Sprache fremd und unverständlich ist, kommt es umso mehr auf den Augenkontakt, auf die Gestik und die Mimik an. Die gegenseitige Vorsicht und Rücksicht werden etwa im englischen Linksverkehr lebensnotwendig. Es ist ziemlich ermutigend, wenn ich nach meinem Gefühl richtig liege, mein geographischer Spürsinn mich nicht trügt und ich mit Händen, mit Füßen und mit schauspielerischen Fähigkeiten doch zum Ziel komme.
Ich bin ein Gast auf dieser Erde und speziell im Urlaub. Ich besitze ein Gastrecht, muss nicht perfekt auftreten und ich darf auch mal mit meinem Verhalten daneben liegen. Nicht nur meine Pflicht ist es, sondern auch eine Lust, ein Interesse an Land und Leuten zu zeigen. Im Urlaub habe ich dazu Zeit und Kraft.
Und dann komme ich zurück, nach hause, in meine älltäglichen Zusammenhänge. Jetzt sind meine Sinne geschärfter für das, was Ausländer von mir Inländer brauchen: zum Beispiel die Geduld, die Freundlichkeit, die Zuvorkommenheit.
Der kleine Versuch, mich mit wenigen Worten in der Sprache meines Gegenübers auszudrücken, wird meist mit sehr viel Dankbarkeit honoriert.
Von der Bibel habe ich gelernt, daß jede Begegnung eine göttliche Seite hat. In einem anderen Menschen, ganz gleich welcher Nationalität und Religion, kann mir ein Engel Gottes begegnen. Gott versichert uns, daß wir bei ihm keine Gäste und Fremdlinge sind, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgemeinschaft (siehe der Brief an die Gemeinde in Ephesus, Kapitel 2, Vers 19.)
Diese göttliche Zusage bedeutet für mich die Absage an alle sofortige Feindlichkeit gegenüber Fremden. Ich tue dann dem Fremden und mir selbst nichts Gutes. Fremdes macht auch Angst. Klar. Der Fremde erzählt mir aber auch sehr viel Neues und Interessantes, über sein Land, seinen Glauben und über mich selbst. Das macht uns gemeinsam reicher.
Miteinander sind wir bei Gott bekannt und zuhause. Und so sage ich gern bei Begegnngen: Grüß Gott! Und: Gott befohlen!
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