Die Kirche in Groß Linde
Die Kirche in Groß Linde ist ein einschiffiger Saalbau mit fünfseitiger Apsis und hohem quadratischem Westturm. Die Kirche ist als Ersatz für einen baufällig gewordenen Vorgängerbau nach Zeichnungen von Friedrich August Stüler 1861 fertiggestellt worden.
Die Kirche wurde in den Jahren 1991 bis 1993 grundlegend saniert, 1992 wurde die Lütkemüller-Orgel vollständig restauriert. (Text: © Lukas Verlag)
Informationen zusammengestellt von Dorothea Berger (Stand: 09. September 2017):
Die Kirchengemeinde Groß Linde/Gramzow gehört zum Pfarrsprengel Gulow. Sie besteht aus 18 Mitgliedern, von denen 6 Kinder sind (Stand: September 2016). Seit 1989 ist Klaus-Dieter Hanack der zuständige Pfarrer für den Pfarrsprengel. Gottesdienste finden alle 6 bis 8 Wochen statt, wobei die Gemeindemitglieder auch Gottesdienste in Lübzow besuchen und umgekehrt. Beide Kirchengemeinden haben einen gemeinsamen Gemeindekirchenrat gebildet.
Die Groß Linder Kirche in der Mitte des Runddorfes, das 1345 erstmals in einer Urkunde (Groten Lynde) erwähnt wird, wurde nach Plänen von Baurat Friedrich August Stüler (1800-1865) als neugotischer Backsteinbau errichtet und 1861 fertiggestellt. Der Königliche Wirkliche Geheime Rath Herr Graf C. O. F. von Voss hat sie als Besitzer der Stavenower Güter und Kirchenpatron von Groß Linde bauen lassen. Der einschiffige Saalbau mit fünfseitiger Apsis und quadratischem Westturm, ist ein Ersatz für einen baufällig gewordenen Vorgängerbau. Die beiden Glocken der alten Kirche, stammen aus dem 14. (1310/20) und 16. (1500)Jahrhundert und bilden auch heute das Geläut im Glockenturm. Die große Glocke ist mit der Uhr verbunden und schlägt zur halben und zur vollen Stunde. Die Lütkemüller-Orgel wurde im Jahr 1896 eingebaut (Friedrich Hermann Lütkemüller 1815-1897 aus Papenbruch Wittstock/Dosse).
Nachdem der Kirchturm bereits 1951 neu eingedeckt worden war, schlug 1979 der Blitz in die Kirche ein und beschädigte das Dach und den Glockenturm. Dachdecker waren für die Reparatur des Kirchendaches in DDR-Zeiten nicht zu bekommen. Jahrelang wurde notdürftig repariert. Nach der friedlichen Revolution 1989 begann die umfangreiche Instandsetzung der Kirche, die in der Zeit von 1991-1993 erfolgte. Am 08. Mai 1993 fand der offizielle Festgottesdienst anlässlich der Beendigung der Restaurierungsarbeiten statt.
Bei den Restaurierungsarbeiten 1991 am Turm wurden aus der Kirchturmkugel zahlreiche gut erhaltene Dokumente geborgen. In der Kugel befanden sich eine dreiseitige handschriftliche Aufzeichnung des Baumeisters, datiert vom 1. September 1861, ein Situationsplan der Kirchenanlage, die Nummer 18 des „Kreisblattes für die Westprignitz“ von Sonnabend, dem 31. August 1861, die „Nationalzeitung“ vom 15. Juli 1861 sowie eine Ausgabe der satirischen Zeitung „Kladderadatsch“. In der Aufzeichnung vom 1. September 1861 ist unter anderem zu lesen: „Die Kirche und der Thurm zu Groß Linde wurde nach der vom Geh. Ober-Baurath Stüler entworfenen Zeichnunge von dem Zimmermeister Stoßfalk aus Perleberg und dem Maurermeister Schlungbaum daselbst erbaut. – Die Maurerarbeiten wurden selbständig von dem Architekten Erich Ludolph Schaper aus Eldagsen (Königreich Hannover) geleitet, am 12 April dieses Jahres begonnen und gehen jetzt ihrer Vollendung entgegen. - “
Zum Zeitpunkt der Sanierung, ein großes Anliegen des damaligen Kirchenältesten Erich Zedow (1925-2008), das von ihm initiiert und begleitet wurde, lebten in Groß Linde 62 Einwohner. Zum Zeitpunkt des Baus 1861 waren es 120 und im September 2017 sind es 44 Einwohner.
Die Sanierung wurde im Jahr 1991 mit dem Turm begonnen. Das Dach wurde neu gedeckt, eine neue Eingangstür eingebaut, die Winterkirche herausgenommen, die Bänke neu hergerichtet und mit Heizungen versehen, eine neue funkgesteuerte Turmuhr eingesetzt, die Wandmalereien neu aufgebracht, die Bleiverglasung der Fenster erneuert, die gesamte Kirche mit elektrischen Anlagen ausgestattet und die Lütkemüller Orgel generalüberholt. Mitarbeiter des Stadtbetriebshofes bauten die Trockenmauer aus Feldsteinen ohne Zusatz von Mörtel um den Kirchhof auf.
Folgende Geschichte zu den Glocken erzählte der Kirchenälteste Erich Zedow: „Im 1. Weltkrieg sorgte Pastor Höhne dafür, dass die Glocken in der Kirche blieben und nicht für die Waffenherstellung eingeschmolzen wurden. Im 2. Weltkrieg kam die alte Glocke zwar nach Hamburg ins Stahl-Depot, ist aber auf Grund ihres Alters nicht eingeschmolzen worden und kam 1947 in die Kirche zurück.“
Der Jakobsweg des Baltisch-Mitteldeutsche-Pilgerweges von Rostock über Perleberg nach Santiago de Compostela führt durch Groß Linde. Auf der 7. Etappe von Muggerkuhl nach Perleberg kann man in der Groß Linder Kirche Station machen und einen Pilgerstempel erhalten.
Vor der Kirche befindet sich auf dem alten Friedhof das Grab von Charlotte Schulz (26.12.1896-13.02.1919), das 2015 als Denkmal in das Verzeichnis der Denkmale des Landes Brandenburg aufgenommen wurde. Zur Begründung führt das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum am 02. März 2015 aus: „Das Grabmal für Charlotte Schulz ist ein qualitätsvolles Zeugnis der Friedhofs- und Grabkultur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der Prignitz. Mit seiner künstlerisch anspruchsvollen Gestaltung, vor allem der Bronzefigur, wirkt es in besonderem Maße ästhetisch ansprechend. Die vom Jugendstil beeinflusste Frauenfigur ist mit ihrer stark bewegten, schwebend wirkenden Gestalt von herausragender künstlerischer und handwerklicher Qualität. Das Grabmal dokumentiert die herausgehobene gesellschaftliche Stellung der Familie Schulz, die der jung verstorbenen Charlotte Schulz ein repräsentatives Erinnerungsmal setzte. Das Grabdenkmal für Charlotte Schulz besitzt aus diesen Gründen geschichtliche und künstlerische Bedeutung.“
Die zitierte Bibelstelle Matthäus 5.8 auf dem Grabmal lautet: Selig sind die, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.